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VfGH hat Bedenken gegen die Vorratsdatenspeicherung

VfGH hat Bedenken gegen die Vorratsdatenspeicherung

Der rechtsfreundliche Vertreter aller 11.139 AntragstellerInnen im Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof (VfGH) zur Anfechtung der Vorratsdatenspeicherung (VDS) (Geschäftszahl: G 62,70,71/12‐11) Mag. Ewald Scheucher teilte allen AntragstellerInnen via E-Mail mit, dass der VfGH am 28.11.2012 einen Vorlagebeschluss an den Europäischen Gerichtshof (EuGH) zur Frage der Grundrechtskonformität der VDS-RL gefasst hat (Pressemitteilung des VfGH) und fuhr wie folgt fort:

Der Beschluss des Verfassungsgerichtshofes vom 28.11.2012 wurde medienöffentlich bekannt und bereits – in anonymisierter Form – öffentlich zugänglich gemacht und ist hier zu finden.

In der Sache ist der Beschluss des VfGH äußerst erfreulich. Die Argumente sämtlicher AntragstellerInnen haben beim Höchstgericht der Republik Österreich Bedenken ausgelöst, dass die EU‐Richtlinie über die sogenannte Vorratsdatenspeicherung der EU‐Grundrechtecharta widersprechen könnte. „Die Vorratsdatenspeicherung betrifft fast ausschließlich Personen, die keinen Anlass für die Datenspeicherung gegeben haben. Die Behörden ermitteln ihre Daten und sind über das private Verhalten solcher Personen informiert. Dazu kommt das erhöhte Risiko des Missbrauchs“, erklärt VfGH‐Präsident Gerhart Holzinger zu den Bedenken. Und weiter: „Der Verfassungsgerichtshof ist verpflichtet, den EuGH einzuschalten, wenn er Zweifel an der Gültigkeit bzw. Auslegung von Unionsrecht hat. Wir haben Zweifel daran, dass die EU‐Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung mit den Rechten, die durch die EU‐Grundrechtecharta garantiert werden, wirklich vereinbar ist“ (Presseinformation des VfGH vom 18.12.2012).

Der VfGH hat daher die in dem Antrag formulierte Anregung aufgegriffen, dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) die Frage vorzulegen, ob diese EU-Richtlinie mit den Grundrechten der Europäischen Union vereinbar ist. Denn allein dem EuGH kommt die Kompetenz zu, diese Frage mit Rechtsverbindlichkeit für die gesamte EU zu beantworten. Für den weiteren Ablauf bedeutet dieser Beschluss, dass das österreichische Verfahren nun so lange ausgesetzt wird, bis der EuGH über die Vorlage entschieden hat. Im Durchschnitt dauern solche „Vorabentscheidungsverfahren“ ca. 16 Monate, wobei angesichts der europaweiten Bedeutung auf eine möglichst rasche Erledigung gehofft werden darf. Die Vorratsdatenspeicherung bleibt trotz des Vorlagebeschlusses bis auf Weiteres in Kraft. Denn für den VfGH besteht keine rechtliche Möglichkeit, die entsprechenden Regelungen von sich aus vorläufig außer Kraft zu setzen.

Falls der EuGH die Unvereinbarkeit der VDS mit europäischen Grundrechten bestätigt, wäre jede Umsetzung der Richtlinie in den Mitgliedstaaten rechtswidrig und müsste daher abgeschafft werden. In der Folge wäre auch der VfGH an diese Rechtsansicht gebunden und würde sodann den Anträgen auf Aufhebung der österreichischen Umsetzung stattgeben.

Die Fragen des VfGH an den EuGH enthalten aber noch ein weiteres, äußerst bemerkenswertes Element. Sinngemäß wird der EuGH auch gefragt, welcher Beurteilungsmaßstab an eine EU-Richtlinie anzulegen ist, falls das innerstaatliche Verfassungsrecht bzw. die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) des Europarats – die in Österreich im Verfassungsrang steht – ein höheres Schutzniveau gewährleistet als der unmittelbare Rechtsbestand der EU. Diese Frage ist zweifellos über die VDS hinaus von grundsätzlicher Bedeutung.

Insgesamt ist der Beschluss des VfGH ein sehr erfreulicher und ein wichtiger Schritt im Sinne des Rechtsschutzes. Der Beschluss nimmt zwar die endgültige Beurteilung nicht vorweg, er zeigt aber deutlich, dass die im Antrag formulierten rechtsstaatlichen Zweifel an der Vorratsdatenspeicherung auch für das Höchstgericht nachvollziehbar sind. Diese Tatsache sollte der Politik schon jetzt eine Orientierung dafür geben, dass eine weitere Ausdehnung der flächendeckenden Überwachungsmaßnahmen jedenfalls die Grenzen der Verfassung überschreiten.

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